Fahrgäste ohne Ticket im Visier
An der Haltestelle „Betriebshof Grunewald“ in Wanheimerort ist einiges los – hier versammeln sich gerade das DVG-Ticketprüfpersonal.
Denn heute findet dort eine Ticketschwerpunkt-Kontrolle statt. Aktuell schauen die Fahrgäste noch interessiert auf ihre Smartphones oder blicken gehetzt auf die Uhr, vielleicht um zu prüfen, ob sie ihren Anschluss noch bekommen. In den nächsten Stunden blicken sie woanders hin – die meisten vermutlich in ihr Portemonnaie. Denn dort verstaut der Großteil der Fahrgäste den Fahrausweis und im schlechteren Fall ist dort wohl auch der Personalausweis zu finden. Den benötigen sie für die Aufnahme der Personalien, wenn sie ohne Ticket unterwegs sind.
„Alle mal her hören“, fordert der Einsatzleiter seine Leute auf. „Die Aktion läuft heute bis 16 Uhr, fünf Kollegen überwachen bitte die Busse, der Rest die Bahnen.“ Neben den Bahnen der Linie U79 fährt auch die Buslinie 944 die Haltestelle an. Gar nicht schlecht für die Kolleginnen und Kollegen, so kann man mehr Fahrgäste auf einen Schlag überprüfen.
Sicherheitskräfte und die Polizei unterstützen
20 Minuten später: Die U79 Richtung Düsseldorf fährt ein und stoppt. Das Prüfpersonal ist schon in Position, an jeder Tür stehen mehrere Kolleg*innen, dahinter Service-Kräfte der DVG, falls ein Fahrgast entwischen will. „Für die ganz schwierigen Fälle sind auch Sicherheitskräfte von octeo und die Polizei vor Ort“, erklärt der Einsatzleiter. Die Türen der Bahn öffnen sich, das Prüfpersonal steigt ein. Jetzt muss es schnell gehen, denn je länger die Überprüfung dauert, desto größer kann eine eventuelle Verspätung werden.
„Fahrscheinkontrolle, bitte zeigen Sie ihr Ticket vor“, hallt es aus dem hinteren Teil der Bahn. Das Prüfpersonal weiß genau, was zu tun ist. Jede*r übernimmt einen Teil der Bahn. „Hoppla, was ist denn hier los“, bemerkt ein erstaunter Fahrgast und zückt eilig sein Ticket. „Ist ja wie eine Razzia.“ Nicht mal 50 Sekunden später verlassen alle Prüfer*innen wieder die Bahn – aber nicht alleine. Denn Fahrgäste ohne Ticket müssen an der Haltestelle mit aussteigen. „Kann weiter gehen“, ruft ein Service-Mitarbeiter der DVG dem Fahrer zu und richtet den Daumen nach oben. So weiß der Fahrer, dass alle Prüfer*innen die Bahn verlassen haben. Noch während der Mitarbeiter dem Fahrer zunickt wird es am Bahnsteig hektisch.
Bußgeld und Hausverbot
„Verdammte Bahn, ihr spinnt wohl, 60 Euro für Rentner, ihr könnt euch auf was gefasst machen“, brüllt ein Fahrgast über den Bahnsteig. Während andere Fahrgäste die Situation irritiert aus dem Augenwinkel verfolgen, bleiben die Prüfer*innen entspannt. „Das ist unser Tagesgeschäft und schockiert uns nicht ansatzweise“, erklärt ein Prüfer, der heute schon seine 35. Schwerpunkt-Kontrolle mitmacht. „Viele lassen ihren Frust an uns aus, da müssen wir durch und wir wissen damit umzugehen. Man muss manchmal Nerven aus Stahl haben.“ Er versucht den Querulanten zu beruhigen, denn schließlich muss er noch seine Personalien aufnehmen. „Wo sind Sie denn eingestiegen?“, will er wissen. „Das geht dich einen Scheißdreck an“, hallt es über den Bahnsteig. Direkt zu Anfang ein schwieriger Fall, der sich mit gutem Zureden nicht lösen lässt.
„Jungs, bringt den Fahrgast doch bitte zur Polizei rüber, es gibt ein Hausverbot für 24 Stunden und die Polizei soll die Personalien aufnehmen“, weist der Prüfer zwei Sicherheitskräfte an. Gesagt, getan. Leicht murrig, aber ohne Widerstand, folgt er den Kollegen. Zusätzlich zu dem Hausverbot erwartet den Fahrgast ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro für das Fahren ohne Fahrschein. „Wenn der Fahrgast nicht innerhalb von zwei Wochen bezahlt, wird er mehrmals angemahnt bis der Fall zum Inkasso-Büro geht“, erklärt ein weiterer Prüfer. „In dem Job ist es wichtig, dass man nicht alles mit nach Hause nimmt. Man muss eine ganz gute Menschenkenntnis haben.“ Um den Beruf als Ticketprüfer*in ausüben zu dürfen, muss man übrigens bei der IHK einen Sicherheitsschein machen.
Die nächste Bahn fährt ein, dieses Mal Richtung Meiderich. Das Prüfpersonal ist schon wieder auf dem Posten. Der Fahrer begrüßt seine Kolleg*innen bei der Einfahrt mit einem Bimmeln. Die Fahrgäste sind kooperativ und zücken ihre Tickets. Der Blick eines Prüfers fällt auf ein Vierer-Ticket. Es ist zwar korrekt abgestempelt, aber irgendwas stimmt nicht. „Sowas sehen wir sofort“, erklärt er. „Der alte Druck wurde wegradiert und dann einfach wieder drüber gestempelt. Das ist Betrug und Urkundenfälschung.“ Radieren ist mit etwa 40 Prozent eine der meisten Ursachen fürs Fahren ohne gültigen Fahrschein.
„Bei den Ausreden sind die Leute kreativ“, schmunzelt er. „Mal haben sie kein Kleingeld, dann war angeblich der Automat kaputt oder sie haben auf dem Weg zur Haltestelle ihr Portemonnaie verloren.“ In dem einen oder anderen Fall müssen die Prüfer aber auch Fingerspitzengefühl walten lassen. „Eine ältere Dame hat versehentlich zweimal an der gleichen Stelle entwertet, weil sie nicht erkennen konnte, dass sie dort schon einmal gestempelt hat“, schildert er einen Fall. „In solchen Fällen drücken wir ein Auge zu. Ich konnte der Dame ansehen, dass sie die Wahrheit sagt. Außerdem gibt es auch Fahrgäste, die einfach ihr Portemonnaie vergessen haben und zum Zeitpunkt der Kontrolle kein gültiges Ticket vorweisen können. Sie können es dann für eine Bearbeitungsgebühr von sieben Euro im Kundencenter vorzeigen.“
Verständnis für Kontrollen
Langsam wird es heiß, die Temperaturen steigen, die Haltestelle bietet kaum Schattenplätze, ein Kollege reicht Getränke. Viel Zeit zum Ausruhen ist aber nicht, die nächste Bahn ist schon wieder in Sichtweite. Dieses Mal begleitet eine Prüferin einen älteren Herrn nach draußen. Er hat vergessen die Marke beim Monatswechsel auszutauschen. „Das gibt zum Glück für ihn nur eine Bearbeitungsgebühr“, erklärt sie. Auf die Frage, ob sie es als Frau schwieriger in diesem Job hat, winkt sie locker ab. „Ganz im Gegenteil, ich habe oft das Gefühl als Frau ist es einfacher. Männer müssen sich viel mehr durchsetzen, wenn da Fahrgäste mit ihrem Macho-Gehabe kommen. Ich fühle mich wohl in dem Job und hatte noch nie Probleme.“ Ein weiterer Fahrgast schaut zufrieden aus: „Na endlich werde ich mal kontrolliert, hatte mich schon gefragt, wofür ich eigentlich zahle.“
Ein Autofahrer verpasst fast die grüne Ampel, weil er das bunte Treiben an der Haltestelle scheinbar spannend findet. Weniger spannend war die heutige Kontrolle wohl für 123 Fahrgäste, die ohne gültiges Ticket angetroffen wurden. Insgesamt überprüften die Kolleg*innen 1.981 Fahrgäste. „Die nächste Schwerpunkt-Kontrolle ist schon geplant, wann wird aber nicht verraten, damit sich keiner darauf einstellen kann“, lacht der Einsatzleiter.