Neue Bahnen für die Linien 901 und 903

Ende November 2017 stellte der Rat der Stadt Duisburg die Weichen für eine rund 135 Millionen Euro schwere Investition in 47 Bahnen – eine Bahn kostet also etwa 2,8 Millionen Euro. Der Bahntechnikanbieter Bombardier Transportation (inzwischen Alstom) hat den Zuschlag bekommen.

Das Gute: Damals wurde nicht nur die Lieferung der Straßenbahnen ausgeschrieben, sondern damit verbunden auch die Ersatzteilversorgung und Instandhaltung für die nächsten 24 oder optional sogar 32 Jahre. Die Beschaffung von Ersatzteilen wird also wesentlich einfacher als bei den alten Bahnen.

Unsere neuen Bahnen sollen die Anforderungen erfüllen, modern, bequem, zuverlässig und selbstverständlich barrierefrei zu sein. Duisburg erhält mit ihnen zukunftsweisende, wartungsarme und langlebige Fahrzeuge.

Auf dieser Seite fassen wir alles zusammen, was bis zur Zulassung der neuen DVG-Bahnen passiert ist:


Die Dokumentation für die Bahnzulassung umfasst ungefähr 18.500 Seiten zu verschiedenen Fachgebieten. Diese mussten erst bei uns intensiv geprüft und eventuelle Rückfragen geklärt werden. Anschließend erhielt die Technische Aufsichtsbehörde (TAB) die Dokumentation. Die Neufahrzeuge wurden zur Fahrzeugzulassung zunächst auf dem Betriebshof Grunewald der TAB vorgestellt. 

Übrigens durchlaufen nur die Vorserienfahrzeuge die Erstzulassung. Da die Serienfahrzeuge baugleich sind, brauchen sie nach erfolgreicher Zulassung der Vorserienfahrzeuge nur noch die Inbetriebnahmegenehmigung durch die TAB – dieser Prozess ist deutlich weniger Aufwand als die Erstzulassung.

Wir haben mit einem Vorserienfahrzeug die neue Zugsicherung im Tunnel und die Strecke nach Mülheim getestet, diese Tests wurden erfolgreich abgeschlossen. Jedoch kam damals dabei heraus, dass die Ruhrbahn noch einige Bahnsteige in Mülheim anpassen musste, damit die neuen Bahnen dort fahren können. Die neuen Bahnen sind nämlich 10 cm breiter als die alten. Inzwischen sind die Bahnsteige in Mülheim umgebaut. Sobald genügend Fahrzeuge da sind, können sie also regulät dort eingesetzt werden. 

Die Serienfahrzeuge wurden auf Herz und Nieren getestet und anschließend für den Einsatz im Fahrgastbetrieb vorbereitet. Außerdem wurden die Fahrzeuge unter anderem zuerst für Schulungen auf dem Betriebshof genutzt, bis sie im Fahrgastbetrieb fahren dürfen. Seit der Zulassung sind die neuen Bahnen teilweise auch im Stadtgebiet unterwegs, um weitere Tests und Schulungen duchzuführen.

  • Das Serienfahrzeug hat beispielsweise schon die neue Sicherheitsfahrschaltung, die von der TAB (Technische Aufsichtsbehörde) für alle Bahnen 2020 verpflichtend angeordnet wurde. Die war in den Vorserienfahrzeugen noch nicht verbaut.
  • Außerdem sind schon neue Software-Updates aufgespielt, die beispielsweise die Übertragungszeit der Außenkameras verbessern.
  • Zwischen den Vierersitzgruppen sind Gummiblenden verbaut worden, das hatten wir in den Vorserienfahrzeugen ebenfalls nicht. Sie sollen verhindern, dass Sachen zwischen die Sitze rutschen können.
  • Auch an den Fenstern sind neue, bessere Dichtungen verbaut worden.
  • Optisch hat sich nichts verändert.

G = Gelenk

T = Triebwagen

8 = Acht Achsen

N = Normalspur (Spurweite)

D = Drehstrom (Antriebsart)

Die ersten Bahnen sind angekommen

Fast 3 Jahre nach der Vergabe an Alstim sind im September und November 2020 die ersten beiden neuen DVG-Bahnen in Duisburg angekommen: Mit ihnen wurden zunächst weitere Erkenntnisse für den Bau der weiteren Bahnen gewonnen.

Unsere zuständigen Mitarbeiter waren schon vor der Auslieferung regelmäßig bei Alstom (ehemals Bombardier) in Bautzen vor Ort und haben während des Baus geprüft, ob es Mängel gibt. So kann sichergestellt werden, dass diese Mängel später bei den weiteren Fahrzeugen nicht mehr auftreten.

Tests & Serienproduktion

Anschließend haben wir die neuen Bahnen gemeinsam mit Alstom hier bei uns in Duisburg getestet. Denn erst hier konnte beispielsweise überprüft werden, wie gut die Bahnen über die steile Rampe am Rathaus oder um enge Kurven in Ruhrort kommen. Außerdem musste noch das Fahr- und Werkstattpersonal geschult werden. Auch die Feuerwehr und Behindertenverbände haben sich vorab mit der neuen Bahn vertraut gemacht.

Die Serienproduktion der weiteren 47 Bahnen, die auf den Linien 901 und 903 fahren werden, hat im Jahr 2020 bereits begonnen. Ursprünglich hatten wir 47 Bahnen bestellt, nun werden wir aufgrund einer Vertragsanpassung aber insgesamt 49 Fahrzeuge erhalten. Was dann mit den alten Bahnen passiert, steht derzeit noch nicht fest.

Damit genug Platz am Grunewald ist für die neu gelieferten und die alten Bahnen, die vorerst noch im Einsatz sind, erweitern wir den Betriebshof, um alle Bahnen und Materialien unterbringen zu können.

Testfahrten mit der neuen Bahn

Seit Ende Oktober 2020 waren die Vorserienfahrzeuge in den Nächten unterwegs, um den Normalbetrieb tagsüber nicht zu stören. Die umfangreichen Testfahrten waren notwendig, damit die Bahnen die Zulassung für den Fahrgastbetrieb erhalten. 

„Wir ziehen nach den wochenlangen Tests auf dem Betriebshof eine positive Bilanz“, sagt Projektleiter Fabian Lutze. „Wir haben das Fahrzeug intensiv geprüft und konnten viele Erkenntnisse sammeln.“ Wir haben bisher die komplette Funktionalität der Fahrzeuge am Betriebshof getestet – beispielsweise die Bordelektronik, die Antriebstechnik und das Bremssystem. Anschließend wurden die Vorserienfahrzeuge auf den Schienen im gesamten Betriebsgebiet weiter geprüft. Dann wurde getestet, was auf dem Betriebshof bislang nicht möglich war, wie beispielsweise das Bremsen bei normaler Betriebsgeschwindigkeit und das Fahren in engen Kurven. Während wir die Fahrzeuge testeten, baute Alstom die weiteren Serienfahrzeuge. Die Erkenntnisse aus den Testfahrten sind in die Serienproduktion eingeflossen.


Die erste Zulassung im April 2023

Nachdem die beiden Vorserienfahrzeuge im Herbst 2020 in Duisburg angekommen sind, erreichte im Dezember 2021 das erste Serienfahrzeug den Betriebshof Grunewald, im Februar 2022 das zweite. Danach gab es über ein Jahr Lieferverzug. Am 11. November 2022 ist dann die fünfte neue Bahn am Betriebshof Grunewald angekommen, am 17. November 2022 die sechste. Das nächste Serienfahrzeug sollte Mitte Dezember in Duisburg angeliefert werden. Bei der Transportfreigabe-Prüfung im Alstom-Werk Bautzen wurden jedoch noch letzte Mängel festgestellt und behoben, das siebte Fahrzeug wurde dann in der Nacht vom 17. auf den 18. Januar 2023 geliefert. 
In der Nacht vom 4. auf den 5. April 2023 ist Fahrzeug Nummer 8 geliefert worden. Anschließend hat das erste Fahrzeug im April 2023 die Zulassung für den Fahrgastbetrieb bekommen. Kurz darauf konnten sich dann auch die Fahrgäste von der ersten neuen Bahn im Alltagseinsatz überzeugen.


Pressetermin im April

Bevor ab dem 13. April 2023 zwei neue Bahnen im Wechsel auf der Linie 903 eingesetzt wurden, gab es einen Pressetermin samt kurzer Probefahrt in der neuen Bahn:

Eindrücke vom Pressetermin

Zwischenfälle & Untersuchungen

Nachdem die ersten beiden Bahnen im April und Mai im Fahrgasteinsatz waren, kam es zu Zwischenfällen: Bei beiden Bahnen ist ein Bügel, also ein Teil des Stromabnehmers gerissen. Das ist bei keinem der zahlreichen vorherigen Tests passiert. Daraufhin haben wir in Abstimmung mit der Technischen Aufsichtsbehörde (TAB) die Neufahrzeuge vorsichtshalber aus dem Fahrgastbetrieb genommen und umfangreiche Untersuchungen an den Fahrzeugen sowie eine umfassende Überprüfung des Fahrleitungsnetzes eingeleitet. Wir haben daraufhin unter anderem Fahrten mit Dachkameras auf den Bahnen durchgeführt, um die Ursache für den Defekt zu finden.

Warum konnten die Bahnen von Mai bis Juli 2023 nicht fahren?

Wir gehen davon aus, dass der Defekt durch das Zusammenwirken einer Unregelmäßigkeit in der Fahrleitung in Meiderich und den leicht veränderten Parametern an den Schleifleisten der Stromabnehmer der neuen Bahnen entstanden sind. Die Schleifleisten befinden sich auf dem Stromabnehmer, haben dauerhaft Kontakt zur Fahrleitung und versorgen die Bahnen so mit Strom. Die Schleifleisten der neuen Bahnen haben eine leicht veränderte Geometrie im Vergleich zu den Schleifleisten der alten Fahrzeuge.

Um ähnliche, alterungsbedingte Veränderungen an der Fahrleitung zu erkennen, wurde eine Fachfirma damit beauftragt, das gesamte Fahrleitungsnetz zu vermessen und zu überprüfen. Das Streckennetz der DVG umfasst rund 120 Kilometer Gleise und 120 Kilometer Fahrleitungen – entsprechend aufwendig waren die Arbeiten in der Zeit der Ursachenforschung. Auch zukünftig werden wir die Schleifleisten an den Neufahrzeugen genau überwachen und regelmäßig überprüfen.


Erneute Freigabe im Juli 2023

Seit 12. Juli 2023 dürfen die neuen Bahnen wieder fahren, nachdem sie erneut von der TAB für den Fahrgastbetrieb freigegeben wurden. Sie wurden nach und nach zugelassen und im Fahrgastbetrieb eingesetzt.
Trotz gründlicher Überprüfung im Alstom-Werk kann es bei den neuen Bahnen zu Mängeln kommen. Dabei handelt es sich um Mängel, die grundsätzlich nicht im Rahmen einer üblichen Transportfreigabeprüfung vor Ort festgestellt werden können. Das sind beispielsweise Mängel in der Fahrzeugsoftware, die erst im laufenden Betrieb der Fahrzeuge festgestellt werden können. Weitere Mängel treten beispielsweise nur bei bestimmten Temperatur- bzw. Wetterverhältnissen auf, sodass auch diese nicht vorab festzustellen waren.

Aus diesem Grund haben wir eine der neuen Bahnen zu einem Klimatest geschickt, wo sie auf Herz und Nieren und in verschiedenen extremen Witterungssituationen getestet wurde. Informationen zum Klimatest und Fotos findet ihr auf der Wissenswertes-Seite.